
Seit mehr als einem Jahrzehnt kämpfen die Einwohner des Ortes La Pared im Süden von Fuerteventura dafür, dass die Gemeinde Pájara ihrer Verpflichtung nachkommt, die schon wieder marode bzw. nie vollendete Infrastruktur zu reparieren bzw. fertigzustellen.
Bereits seit 2014 in einem Gerichtsurteil festgestellt, dass die Gemeinde die grundlegenden Infrastruktureinrichtungen bereitstellen muss.
Mehr als 10 Jahre später, im März 2025 erreichte die Hoffnung auf baldige positive Veränderungen in La Pared einen neuen Höhepunkt, als die Gemeinde die erneute Ausschreibung für die Durchführung der Bauarbeiten bekannt gibt, nachdem das Vorhaben Ende 2021 bereits einmal gescheitert war, weil der bereits vergebene Bauvertrag aufgehoben werden musste, da das Projekt erhebliche Fehler aufwies.
Probleme bei der Eröffnung der Angebote für die Bauarbeiten in La Pared
Am 23. April 2025 um 8:45h fand die Sitzung des Vergabeausschusses („mesa de contratación“) statt, in der die Angebote geöffnet und anhand der Ausschreibungsbedingungen bewertet werden sollten.
Wie dem öffentlich einsehbaren Sitzungsprotokoll zu entnehmen ist, ergaben sich jedoch technische Probleme bei der Eröffnung der Angebote. Die Datei mit dem Angebot des Unternehmens „Letter Ingenieros“ ließ sich nicht öffnen. Daher beschloss der Ausschuss, die Sitzung zu vertagen, um die Hilfe eines Informatikingenieurs hinzuziehen, um die Datei doch noch öffnen zu können.
Dieser Vorfall wirft nun diverse Fragen bezüglich der weiteren Durchführung des Gebotsverfahrens auf.
Im Sitzungsprotokoll ist nicht angeben, wie viele Angebote insgesamt abgegeben wurden. Außerdem wurde nicht festgehalten, ob die technischen Probleme gleich bei Eröffnung der ersten Datei aufgetreten sind, oder ob vorher bereits andere Angebote eröffnet wurden.
Rein intuitiv könnte man auf die Idee kommen, die eventuell defekte Datei einfach erneut bei dem Unternehmen anzufordern. Doch ein solches Vorgehen könnte eine nachträgliche Änderung des Angebotspreises möglich machen. Wenn das Unternehmen weiß, dass es der einzige Bieter ist, könnte es den Preis bei der erneuten Einreichung der Datei hochschrauben.
Wenn bereits andere Angebote eröffnet wurden, gibt es Personen, die am Vergabeverfahren beteiligt sind und die Höhe der bereits geöffneten Angebote kennen. Mit diesem Insiderwissen könnten sie theoretisch dem Unternehmen, das das Angebot erneut einreichen soll, einen Vorteil verschaffen. Genau das soll aber durch die strengen gesetzlichen Vorgaben bei Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Daher ist es unklar, ob die erneute Anforderung einer Datei rechtlich überhaupt zulässig wäre.
Wenn das technischen Problem bei der Eröffnung des ersten Angebots aufgetreten ist, wäre die Situation möglicherweise am einfachsten zu retten. Dann bestünde sogar die Möglichkeit, dass nicht ein Defekt der Datei, sondern die Konfiguration des verwendeten Computers die Ursache für die nicht zu öffnende Datei ist.
Zurzeit ist jedenfalls völlig offen, wann der Vergabeausschuss erneut zusammentreten kann.
Kuriosität bei Bewertung der Angebote für Projektierung und Bauleitung der Elektroinstallation
Trotz der oben beschriebenen Schwierigkeiten bei der Vergabe des Auftrags für die Tiefbauarbeiten in La Pared, gibt es auch positive Nachrichten: es gibt ein gültiges Gebot für die Erstellung des Projekts und die Bauleitung für die Elektroinstallation in La Pared.
Doch auch in diesem Verfahren ist eine kuriose Situation aufgetreten, die die Schwächen der Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge aufzeigt.
Insgesamt haben sich zwei Unternehmen an der Ausschreibung beteiligt: Gesproyec Ingenieria e Instalaciones S.L. mit einem Gesamtgebot von 21.857,22€ sowie Omega Proyectos Insulares S.C.P. mit einem Gesamtgebot von 18.456,60€.
Das Angebot von Omega ist nicht nur rund 15% billiger als das von Gesproyec. Omega hat außerdem noch eine deutlich höhere Punktzahl bei den Qualitätskriterien erhalten, vor allem deshalb, weil das Unternehmen bereits viel Erfahrung mit ähnlichen Projekten auf den Kanaren vorweisen kann.
Dennoch musste das Angebot von Omega ausgeschlossen werden. Zwar war das Angebot insgesamt günstiger und lag unter dem vorgegeben Maximalpreis von 24.285,81€, den die Gemeinde vorgegeben hatte. Doch Omega hatte einen Preis von 5.248,28€ für die Bauleitung und 13.210,32€ für die Projekterstellung angeboten. Gesproyec dagegen hat 16.643,81 für die Bauleitung und 6.213,41 für die Projekterstellung angesetzt.
Die Gemeinde hatte 17.382,08 für die Bauleitung und 6.903,79€ für die Projekterstellung als Höchstwerte vorgegeben. Das Gebot von Omega für die Bauleitung (13.210,32€) liegt somit höher als die Obergrenze von 6.903,79€, die die Gemeinde angesetzt hat. Deshalb fliegt Omega aus der Vergabeverfahren, obwohl der Preis in der Summe billiger ist als der Preis der Konkurrenz.
In der Konsequenz zahlt der Steuerzahler nun mehr Geld an einen unerfahreneren Vertragspartner.
Die Tatsache, dass die Preise für die beiden Bestandteile so extrem unterschiedlich und genau gegenläufig ausfallen, könnte darauf hindeuten, dass Omega möglicherweise die Preise für beide Bestandteile bei der Angebotsabgabe vertauscht hat. Dumm gelaufen und Pech für den Steuerzahler, aber es sind ja zum Glück „nur“ rund 3.500€ Unterschied.
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