Mancher Fuerteventura-Urlauber mag sich über den Trend zu immer höheren Temperaturen im Winter freuen. Doch auch zwei Spezies, über die sich Urlauber auf Fuerteventura normalerweise nicht freuen, finden großen Gefallen an den warmen Wintern: Kakerlaken und Bettwanzen. Begegnungen mit diesen unerwünschten Mitbewohnern dürften auf Fuerteventura in Zukunft immer häufiger werden und den Kammerjägern volle Auftragsbücher bescheren.
Schon im Mai 2024 warnte der Generaldirektor des Nationalen Verbandes der Schädlingsbekämpfer (ANECPLA), Jorge Galván, vor den Konsequenzen der Verlängerung der warmen Jahreszeit:
„Die Bekämpfung von Kakerlakenplagen wird […] einen zusätzlichen Aufwand erfordern“, erklärt Jorge Galván und verweist auf zwei Hauptfaktoren. „Zum einen führen die steigenden Temperaturen infolge des Klimawandels dazu, dass Insekten wie Bettwanzen und Kakerlaken ihren Lebenszyklus exponentiell beschleunigen. Zum anderen gibt es Hinweise darauf, dass Kakerlaken in den letzten Jahren eine Reihe zufälliger genetischer Mutationen durchlaufen haben, die sie resistent gegen die bisher zur Bekämpfung verwendeten Biozidprodukte gemacht haben.“
Es ist wissenschaftlich belegt, dass Kakerlaken und viele andere Insekten ab 28°C ihre Fortpflanzungsgeschwindigkeit vervielfachen. „Da in den letzten Jahren immer höhere Temperaturen erreicht werden und die Hitze bereits im Frühling beginnt und erst im späten Herbst endet, haben die Kakerlaken nicht aufgehört, sich zu vermehren“, erklärte Galván. „Hinzu kommt, dass viele Kakerlaken mittlerweile Resistenzen gegen Insektizide entwickeln und andere nicht mehr an die Köder gehen, was die Kontrolle der Plagen zunehmend erschwert.“
Zusätzlich verschärfen immer strengere EU-Beschränkungen zur Regulierung von Bioziden das Problem. „Natürlich wägen wir im Bereich der Umweltgesundheit das Kosten-Nutzen-Verhältnis ab und bevorzugen, wo immer möglich, physikalische und biologische Maßnahmen gegenüber chemischen“, betont Galván. „Doch wenn keine andere Lösung für die angemessene Kontrolle einer Plage – wie bei Kakerlaken – möglich ist, ist der Einsatz wirksamer Biozide entscheidend. Solche Einschränkungen, die aus nordeuropäischen Ländern stammen, in denen aufgrund des Klimas diese Probleme kaum bestehen, erschweren das Management erheblich.“
Laxer Umgang mit Bioziden kann erhebliche Gefahren für Hotelgäste und -personal bedeuten
Die abnehmende Wirksamkeit von Schädlingsbekämpfungsmitteln bei gleichzeitiger massiver Zunahme des Auftretens von Plagen aller Art hat bereits mehrfach dazu geführt, dass Schädlingsbekämpfer zu verbotenen „chemischen Keulen“ gegriffen haben, um ihre Mission zu erfüllen. So musste z.B. ein Hotel auf Fuerteventura vorübergehend geschlossen werden, nachdem eine Schädlingsbekämpfungsfirma nicht zugelassene Insektizide verwendet hatte, um eine Mückenplage auszumerzen. Mehrere Mitarbeiter litten daraufhin an Atemproblemen und schweren allergischen Reaktionen. Die kanarische Regierung führte eine Inspektion in dem Unternehmen durch und verhängte ein Bußgeld. Als Auflage musste sie einen Schädlingsbekämpfungsplan erstellen, der die gesetzlichen Vorschriften einhält.
Der Einsatz nicht zugelassener Biozide mit hochtoxischen Substanzen zur Bekämpfung einer Befallssituation, wie kürzlich beispielsweise in einem Hotel auf Teneriffa mit einer Kakerlakenplage, kann auch Auswirkungen auf Gäste haben, die möglicherweise Symptome wie Schwindel, Übelkeit und Atembeschwerden entwickeln.
Solche Situationen verdeutlichen die schweren Risiken, die das Nichteinhalten der Vorschriften durch einige Schädlingsbekämpfungsunternehmen mit sich bringt. Neben der Gefährdung der Gesundheit von Touristen und Mitarbeitern kann diese unverantwortliche Praxis auch den Ruf und das Image der betroffenen Einrichtungen beeinträchtigen.
Der spanische Gesetzgeber hat die Anforderungen und Verfahren für die Verwendung von Bioziden klar festgelegt. Dennoch hat das Fehlen von Aufsicht und Kontrolle durch die zuständigen Behörden dazu geführt, dass einige Unternehmen diese Vorschriften ignorieren.
Es ist entscheidend, dass Schädlingsbekämpfungsunternehmen auf den Kanaren einen umfassenden und verantwortungsbewussten Ansatz verfolgen, der die Schulung und Weiterbildung ihres Personals, die Implementierung innovativer und nachhaltiger Methoden sowie die kontinuierliche Beratung von Hotel- und Gastronomiebetrieben umfasst. Nur so kann eine wirksame Schädlingsbekämpfung und der Schutz der Gesundheit sowie des Images der kanarischen Touristenziele gewährleistet werden.
Darüber hinaus müssen die zuständigen Behörden die Kontrollen und Inspektionen verstärken und Unternehmen, die die Sicherheit der Besucher und Mitarbeiter gefährden, konsequent sanktionieren. Ebenso ist es wichtig, dass Hotel- und Gastronomiebetriebe von ihren Schädlingsbekämpfungsanbietern die strikte Einhaltung der Vorschriften einfordern.
Gift oder Cholera?
Während Bettwanzen vor allem ekelig und lästig sind, gibt es nur wenige wissenschaftlich fundierte Beweise, dass sie durch ihren Stich Krankheiten übertragen. Das gesundheitliche Risiko durch Bettwanzen dürfte also eher gering sein.
Bei Kakerlaken ist dagegen gesichert, dass sie diverse Krankheitserreger mechanisch verbreiten. Besonders wahrscheinlich dürfte die Kontamination von Lebensmitteln mit Salmonellen oder anderen Magen-Darm-Keimen sein. Außerdem können die Ausscheidungen von Kakerlaken sehr heftige Allergien auslösen.
Eine wirksame Bekämpfung von Kakerlaken in Restaurants und Hotels ist daher aus Gründen der öffentlichen Gesundheit unbedingt notwendig. Hier muss also eine fachkundige Abwägung von Nutzen und Risiko und somit eine Wahl zwischen „Gift oder Krankheitserregern“ erfolgen.
Da natürlich aus Imagegründen kein Gastronom oder Hotelier will, dass seine Gäste eine Begegnung mit den großen braunen Käfern haben, ist die Versuchung möglicherweise groß, eher zu härteren Giften zu greifen.
Es bleibt also zu hoffen, dass die Gesundheitsbehörde der kanarischen Regierung in Zukunft strengere Kontrollen durchführt, um sowohl Schädlingsbefall als auch „zu heftige“ Maßnahmen von weniger verantwortungsvollen Kammerjägern zu verhindern.
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