Majanicho, Molinos, Ajuy, Jacomar … 137 Häusern auf Fuerteventura droht Abriss durch Küstenbehörde

Majanicho-Häuser-Küstengesetz

Auf Fuerteventura laufen zurzeit 137 Verfahren zur „subsidiären Vollstreckung“ von Abrissverfügungen durch die Generaldirektion für Küste und Meer des spanischen Ministeriums für Ökologische Transition. Durch den Abriss der betroffenen Gebäude soll der ursprüngliche Zustand der Grundstücke, die nach den Vorschriften des Küstengesetzes der Allgemeinheit gehören, wieder hergestellt werden.

Im Klartext bedeutet das: Die Küstenbehörde lässt die Abrissbirne selbst schwingen, wenn die Hausbesitzer der Aufforderung nicht nachkommen, die Gebäude „freiwillig“ und auf eigene Kosten abzureißen.

42 Häuser in Los Molinos

Die meisten der betroffenen Häuser, nämlich 42, befinden sich in Los Molinos an der Westküste des Gemeindegebiets von Puerto del Rosario. Diese „Siedlung“ existiert auf dem Papier weder im Kataster noch im Eigentumsregister, auch wenn sowohl die Gemeindeverwaltung von Puerto del Rosario und die Inselregierung von Fuerteventura (Cabildo) in ihrem Einsatz für den Fortbestand des „Fischerdorfes“ immer wieder an die „200-jährige Kulturgeschichte“ von Los Molinos erinnern.

Los Molinos Fuerteventur Abriss
Häuser in Los Molinos

Im vergangenen Oktober 2023 hatte das Obere Gericht der Kanaren (TSJC) noch eine einstweilige Anordnung gegen einen Abrissbescheid gegen ein Haus in Los Molinos zugelassen. Dadurch konnte der Abriss erst einmal gestoppt werden. Allerdings unterlag die Klägerin im Januar 2024 vor dem Verwaltungsgericht. Nun muss das spanische Oberste Gericht (Tribunal Supremo), vergleichbar mit dem deutschen BGH, über das Schicksal in diesem Fall entscheiden, und mit dem Urteil möglicherweise auch Klarheit schafften, wie es mit den anderen 136 Häusern auf Fuerteventura weitergeht.

Hintergründe des drohenden Abrisses

Man stelle sich ein Fuerteventura ohne die Vorschriften des spanische Küstengesetzes vor, das am 29.07.1988 in Kraft getreten ist. Vermutlich wäre es nicht möglich, von Costa Calma bis nach Morro Jable am Strand zu wandern, weil Hotels und Villenbesitzer ihre Strandgrundstücke als Privateigentum eingezäunt hätten. Man könnte sich wohl auch nicht einfach irgendwo in den Sand legen, ohne dafür bezahlen zu müssen.

Der gesamte Strand in Costa Calma oder Morro Jable wäre zugepflastert mit Liegen, Sonnenschirmen, Strandbuden und Kiosken. Zwischen den Hotels gäbe es keine frei zugänglichen Zugangswege zum Strand. Überall gäbe es Jachthäfen und Jetski-Verleiher.

Das Küstengesetz sorgte dafür, dass es eben dieses Privateigentum am Strand oder an der Küste in Spanien nicht gib, sondern die Küstenzone ein öffentliches Gut ist und somit „der Allgemeinheit gehört“.

Für die Eigentümer von Grundstücken, deren Eigentum durch das Inkrafttreten des Küstengesetzes beeinträchtigt wurde, sah das Gesetz eine Übergangsregelung vor. Sie konnten als Entschädigung für den Verlust des Eigentums eine Konzession für 30 Jahre beantragen, die unter gewissen Voraussetzungen auch verlängert werden konnte.

Allerdings existierten bereits bei Inkrafttreten des Küstengesetzes Gebäude, die schon davor illegal, also ohne Genehmigung, errichtet wurden. Außerdem gibt es diverse Fälle, in denen Gebäude auf Grundstücken gebaut wurden, die den Häuslebauern gar nicht gehörten.

Das Küstengesetz sieht jedoch vor, dass diejenigen, die einen „Bestandsschutz“ in Form einer Konzession gelten machen wollten, nachweisen mussten, dass sie rechtmäßiger Eigentümer des Grundstücks sind, auf dem sich die Gebäude befinden.

Diesen Eigentumsnachweis können die wenigsten Besitzer von Häusern in den betroffenen Zonen erbringen, schon allein deshalb, weil man es auf Fuerteventura vor 50 oder mehr Jahren mit dem „Papierkram“ nicht so genau genommen hat.

Es ist also möglich, dass die Häuser damals mit der Erlaubnis der Grundstückseigentümer gebaut wurden, oder aber Vorfahren tatsächlich das Eigentum durch ein Rechtsgeschäft erworben haben. Nur kann die die heutige Generation das heute nicht mehr rechtskräftig beweisen. In den meisten Fällen dürften die Häuser aber „einfach so“ errichtet worden sein, weil damals kein Hahn danach gekräht hat, wem die Grundstücke gehörten und ob man dort überhaupt bauen durfte.

Obwohl das Ministerium bereits seit 1994 auch auf Fuerteventura Maßnahmen zur Räumung öffentlichen Eigentums im Küstengebiet betreibt, hat die Küstenbehörde ein ständiges Hin und Her erlebt, was dazu geführt hat, dass die Verfahren jahrelang ruhten.

Weitere betroffene Zonen auf Fuerteventura

Neben Los Molinos gibt es noch diverse andere Zonen auf Fuerteventura, in denen Häusern in der ersten Strandreihe der Abriss durch die Küstenbehörde droht.

In La Oliva, der nördlichsten Gemeinde au Fuerteventura, sind in Majanicho 33 Häuser betroffen. Praktisch alle Gebäude in der ersten Reihe befinden sich dort auf öffentlichem Boden. Ein paar Kilometer weiter läuft ein weiteres Verfahren in Caleta del Barco.

In Jacomar, an der Ostküste des Gemeindegebiets von Antigua, sind 32 Verfahren eröffnet. In 2010 hatte das kanarische Parlament von der spanischen Regierung gefordert, „nie wieder ein Fischerdorf abzureißen“ und dass in den Küsten gebieten der „ethnografische, architektonische und sozioökonomische Wert“ berücksichtigt werden sollte. In seinem Entschließungsantrag erwähnte das kanarische Parlament ausdrücklich die Häuser von Jacomar.

In Pozo Negro, fünf Kilometer nördlich von Jacomar, ist die Situation eine völlig andere. Dort liegen zwar auch ein großer Teil der Häuser in der Küstenzone. Allerdings existieren dort 30 Konzessionen auf Grundlage der Übergangsvorschriften des Küstengesetzes. Daher laufen in Pozo Negro auch keine Abrissverfahren.

In der Gemeinde Pájara im Süden von Fuerteventura laufen insgesamt 28 Abrissverfahren. 8 davon betreffen den beliebten Ausflugsort Ajuy an der Westküste und 7 weitere die Siedlung Puertito de la Cruz ganz im Süden der Halbinsel Jandía. In Puertito de la Cruz befinden sich alle Gebäude in erster Linie teilweise im Küstenschutzstreifen. Weitere betroffen Gebäude befinden sich in Matas Blancas, Cueva la Negra und Casas de Joros.

Viel Stoff für Diskussionen

Das Thema um den Abriss von Häusern im Küstenschutzstreifen polarisiert die Gesellschaft auf Fuerteventura ähnlich, wie die Diskussion um die Konzessionen der beiden RIU-Hotels bei Corralejo.

Immerhin zeigt sich, dass die spanische Küstenbehörde gegen die „Großen“ genauso hart vorgeht, wie gegen die „Kleinen“.

Die Befürworter des Abrisses der Häuser im Küstengebiet führen an, dass das Gesetz für alle gleich sein muss und man nicht dulden könne, dass die Vorfahren der heutigen Besitzer sich die „Grundstücke in der ersten Reihe einfach genommen haben“. Außerdem wohnten die meisten gar nicht in diesen Häusern. Vielmehr seien es Zweit- oder Drittwohnungen und in manchen Fällen würden die Gebäude sogar über AirBnB als Ferienwohnungen vermietet. Außerdem verfügten die Gebäude über keinerlei Kanalisation, weshalb die Abwässer und Fäkalien einfach ungeklärt ins Meer flössen.

Die Befürworter des Fortbestehens der Häuser halten dagegen, dass sie Teil der Kulturgeschichte und des historischen Erbes Fuerteventuras, da die Gebäude durch ihre Funktion als Unterschlupf teil des traditionellen Fischereiberufs der Insel seien.

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